Geschichte · Opa Bernhard

Opa erzählt: Bericht: Bernhard Schröder

Der 7. Mai 1945, die Kapitulation, die in Reims im Hauptquartier des alliierten Expeditionskorps stattfand und von Generaloberst Jodl sowie Generaladmiral von Friedeburg unterzeichnet wurde, hatte für unsere Lage keine Änderung zur Folge.

Ende Mai erhielten wir dann Order mit Sack und Pack auf der Pier von Den Helder zu erscheinen, um auf Vorpostenboote eingeschifft zu werden. So geschah es dann auch. Der Konvoi, der bei stürmischen Wetter losfuhr bestand aus Trawlern und seegängigen Fischerbooten, alle in Nordholland befindlichen Marineeinheiten wurden nach Wilhelmshaven verlegt.

In verschiedenen Kamps harrte ich mit meinen Kollegen vom B- Dienst der Entlassung. Fedderwarden war die erste Station. Von dort ging es nach vierzehn Tagen in den Ort Middoge. Hier lagen wir auf einem Bauernhof im Heuschober. Wir konnten uns frei bewegen. Es waren warme schöne Sommertage.

Mit Kartenspiel und die Gegend kennen lernen vergingen die Tage. Die Heimatadresse eines Jeden wurde zwischenzeitlich festgestellt. Dann hieß es: „In der Landwirtschaft Tätige werden Zwecks einbringen der Ernte zuerst entlassen.“

Mitte Juli kam die Reihe an mich. Auf dem Flugplatz Wittmund- Hafen bekam ich meine Entlassungspapiere. Jetzt erst war für mich der normale Alltag wieder eingetreten. Mit Lastwagen, auf dem die im Osnabrücker Land Wohnenden dann nach Gaste gebracht wurden, war die vorletzte Aktion, die am selben Abend abgeschlossen wurde.

Es war eine Erleichterung, als ich mit einigen Eversburgern über den Pankokenhügel kommend, die heimatlichen Gefilde vor mir liegen sah. – „Nie wieder Krieg!“ Hatten wir uns damals geschworen.

Bis heute, im Jahr 2000 hat es zumindest in Deutschland gehalten.

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Opa erzählt: Bericht: Bernhard Schröder

Auf einem Bahnsteig des Bahnhofs der Stadt Freiburg im Breisgau sind alle Funker wieder vereint.

Es war in jener turbulenten Zeit nicht einfach den Rhein in Richtung Deutschland zu überqueren. Da man jedoch mit dem Status des B- Dienst Funkers nichts anfangen konnte, bekamen wir anstandslos bei jeder Bahnhofskommandantur Reisezertifikate ausgestellt.

In Frankreich ging nach der Landung der Alliierten einiges drunter und drüber. So hatte man im Bereich der französischen Stadt Besançon ein Auffanglager für versprengte Einheiten, die hier wieder zusammengestellt wurden, eingerichtet. „Der Heldenklau geht um!“ sagte man allgemein.

Unser Ziel war jetzt die Funkstelle Mitte in Soest/Westfalen. Bisher mit dem Geschehen an der Heimatfront wenig konfrontiert, mussten wir nun mit den vorhandenen Zugverbindungen versuchen zurecht zu kommen. Des Nachts war das beste Vorwärtskommen. Die Jabos sind nicht unterwegs.

Am nächsten Tag hatten wir unseren Zielort erreicht. Allgemeines Erstaunen wo wir denn wohl herkämen, Vermisste die wir waren. Der Funkstellenleiter, ein Kaleu, hatte sich nun mit acht überzähligen B- Dienstlern herum zu schlagen. Aber wie das so ist: „Ruhe bewahren!“ Die Empfänger wurden hier zu 90 % von Frauen (Blitzmädel) bedient.

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Dom zu Verden

In Verden, Niedersachsen, befindet sich der Dom zu Verden. Ein absolutes „Must see“, wenn man in Verden ist.

An der Stelle des heutigen Doms bestand bereits 814 eine Kirche, die um 849 der Sitz des Bischofs Walter wurde. Unter Bischof Wigger (1013-1031) wurde die erste steinerne Basilika errichtet. Meist aus Raseneisenstein und Findlingen. 1490 war der Bau abgeschlossen. 1829 wurde er renoviert unter der Leitung des Baumeisters Leo Bergmann. Der Bau ist äußerlich eher gewöhnungsbedürftig, innen überzeugt er umso mehr. Das Rot gepart mit den schwarzen Bänken und den weißen Säulen hat es mir sehr angetan. Auch der Domgarten ist sehr schön gestaltet.

Der Legende nach, befindet sich an der Außenseite des Doms eine steinerne Figur, die einen ehemaligen Domküster darstellen soll. Dieser soll Kirchengelder veruntreut haben und als er versuchte über die Mauer zu gelangen, soll er stecken geblieben sein, als der Teufel ihn holen wollte. Er ist eine der bekanntesten Figuren in Verden.

Der Verdener Dom sollte auf jeden Fall auf der Besichtigungsliste stehen.

Lu

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Bordeaux Teil2

  1. Juni – Die Invasion hatte begonnen.

Die Alliierten waren in der Normandie belandet. Unsere Abhörtätigkeit hatte sich verdoppelt. In dieser Zeit wurde ich mit ein paar Kumpels zum Nahkampflehrgang geschickt. Ein Lastwagen des Heeres holte uns am Tor ab und brachte uns in ein Gebiet, wo sich Fuchs und Hase „Gute Nacht“ sagten. Hier bekam ich eine Khaki- Uniform verpasst. Die Grau- Grüne wurde ich Gott sei Dank wieder los. Ich muss sagen, wohlgefühlt habe ich mich nicht in ihr, soweit man davon sprechen kann.

Diese acht Tage haben keine Erinnerungen hinterlassen, nur das eine. Wäre die Lage nicht so ernst gewesen, man hätte sich krank lachen können ob dieser Spielerei. Bis dahin nur mit Empfänger, Kopfhörer und Bleistift ausgerüstet, sollten wir nun mit Hohlhaftladungen und Sprengkapseln umgehen lernen.

Und des Abends, Tino Rossi singt:

  • J’ attendrais tout jour et la nuit
  • J’attendrais toujours etc.

Jetzt beginnt die Zeit , den Kopf in Deckung zu lassen. Ein allgemeines Abtasten der jeweiligen Situation hatte begonnen. Zurück auf der Funkstelle in St. André de Cubsac waren einige ruhige Tage angesagt, in denen wir nachts die Pfirsichplantagen heimsuchten. Da es mit der Beköstigung schlechter wurde, musste man sich irgendwie über Wasser halten.

Es war im Juli als ich mit noch sieben Mann einen Marschbefehl bekam, der uns nach La Rochelle zur 4. Sicherungsdivision (Minenräum- und Vorpostenboote) bringen sollte. Wir packten unsere Seesäcke, der zu Anfang meiner Laufbahn doppelt so groß war und verabschiedeten uns von den „daheim“ gebliebenen.

Am anderen Morgen, als der Wagen am Tor bereit stand und wir ihn bestiegen, hatten sich einige Kumpels eingefunden, die als wir losfuhren uns hinterher riefen: „Grüßt Obermaat Petrus von uns!“ was soviel hieß wie: „Ihr seid abgeschrieben.“

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Bordeaux Teil1

Eberswalde:

In einem Kasernenkomplex war das Oberkommando der Marine untergebracht. Die Dechiffrierabteilung und alle dem MND III zugehörigen Gruppen waren hier-her verlegt worden.

Nachdem ich mich am Tor bei der Wache gemeldet hatte, brachte mich ein Läufer zum Fregattenkapitän der entsprechenden Aufklärungsabteilung. Der Koffer mit den Dokumenten und den Unterlagen wurde mir abgenommen und ich bekam einen Übernachtungsraum zugewiesen.

Beim Smutje vom Dienst konnte ich meine Rationen für diesen und den nächsten Tag abholen, denn mein nächster Einsatzort war die Funk- und Peilstelle Bordeaux. Am Tag darauf ging es also wieder in Richtung Süd-West. So weit im Osten war es mir nicht geheuer. Als zum Nordseepersonal zugehörig waren meine Einsatzorte zudem an der Westfront vorprogrammiert.

Die Strecke Berlin – Paris – Bordeaux bzw. Retour fuhr ich nun schon zum fünf-ten Mal. Dieses mal allerdings nicht im Kurierabteil sondern 2. Klasse. Das Reisen wurde jetzt mehr und mehr zum Hindernislauf.

Durch die Bombardements der Engländer und Amerikaner waren viele Bahnhöfe zerstört. Die Eisenbahner hatten zwar eine Routine im Reparieren der Gleise aber es konnten mittlerweile nur noch die Hauptstrecken in Betrieb gehalten werden.

Die Feldgendarmen, die zum Begleitpersonal jeden Zuges gehörten, wenn sie meine Ausweise sahen, waren meist schnell wieder verschwunden. In Paris habe ich dann das erste Mal auf all den Reisen meine Fahrt unterbrochen und in der Bahnhofsmission am „Gare de l’Austerlitz“ übernachtet.

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Sevilla III

In Madrid habe ich nie einen Stierkampf besucht. Es ist wie mit den anderen Begebenheiten auch hier, Menschen werden reihenweise im Kriege umgebracht, das muss wohl so sein, wird aber ein Stier, wie auch immer, vom Leben zum Tode befördert, regen sich die deutschen Seelen darüber auf.

Corrida de Torros!
Mit der Lebensweise “la vida español“, was so viel heißt: viel vino zu allen Gelegenheiten, ändert sich die Sichtweise des Lebens. Leichteren Sinnes, das Blut läuft schneller durch die Adern, geht man Probleme an oder schiebt sie einfach beiseite. Mañana.

So auch hier. Mehr als einmal habe ich einen Stierkampf verfolgt. Zu einer Corrida traten immer drei Matadores auf, die jeweils zwei Stiere erledigen mussten. Es dauerte etwa eine halbe Stunde in der er, vom Hereinkommen in die Arena bis zum letzten Atemzug, sich ohne Aussicht auf Entkommen, dem Ausgang widersetzte. Und doch habe ich es erlebt, dass ein Stier wegen Passivität, er wollte einfach nicht kämpfen, von Kühen aus der Arena geführt wurde. Ein großes Pfeifkonzert der Zuschauer war voraus gegangen. Ich wurde im Laufe der Zeit zum „aficionado“ dieser Darbietung.

Es ist immer eine eigenartige Atmosphäre vor und in der Arena. Wobei Arena eigentlich „der Sand“ bedeutet. Die Billets sind in „Sol y Sombra“ (Sonnen- und Schattenseite) eingeteilt. Im Schatten zu sitzen war „mas caro“, also teuer. Bei meinem Gehalt war die Schattenseite obligatorisch.

An einem Tag im Spätsommer 1943 gab es eine besondere Corrida. Fing allgemein eine solche nachmittags um fünf Uhr an, so begann diese abends um 21:00 Uhr. Das Ende war weit nach Mitternacht. Es war eine Mischung aus Stierkampf, Folklore und Variété.

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Sevilla II

Wie schon bei meiner Ankunft in Sevilla erwähnt, ist das bereits von weitem ins Auge fallende, alles überragende Wahrzeichen dieser Stadt, die Giralda. Es ergibt sich allein aus dem Vorhandensein dieses Turms aus maurischer Zeit, ihn mindestens einmal bestiegen zu haben.

Ein Hauch von Tausend und Einer Nacht hat mich berührt als ich mich ihm näherte. Schon von Fern ahnt man die filigrane Architektur, die, wenn man näher kommt, in ein wahres Feuerwerk arabischer Baukunst erblüht. Im Inneren sucht man vergebens eine Treppe.

Hat man seinen Obolus entrichtet, geht man auf einer schiefen Ebene, gleich einer Wendeltreppe, empor. Hat man den „Mirador“ erreicht, bietet sich ein Ausblick über die andalusische Tiefebene. So einfach wie geschrieben ging es bei mir nicht. Auf der halben Höhe bekam ich einen Muskelkrampf in beiden Waden. Es bedurfte einer Überwindung nicht umzukehren. Eine Ruhepause half alle Schmerzen auf ein erträgliches Maß zurückzuschrauben und dann langsam weiter zu steigen. (Konditionsmangel)

Ist die Giralda ein Zeugnis maurischer Kultur, so steht gleich daneben die Kathedrale. Eine nach der Wiederchristianisierung im Jahre 1248 durch Ferdinand III. In Auftrag gegebener Dom. Diese Kathedrale, die drittgrößte der Welt, gebaut im gotischen Stil auf dem Areal der größten muselmanischen Moschee, beherbergt viele Kostbarkeiten.

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Sevilla

Im Oktober wurde ich von Madrid nach Sevilla versetzt. Mit einem Wagen der deutschen Botschaft ging es zum Bahnhof, Estacion Atocha. Neue Eindrücke prägten Augen, Ohren und Gefühl. Als Mensch mit viel Romantik und Emotionen fuhr ich nun neuen Abenteuern entgegen. Mit dem „Tren del Sur“.

Es war trotz des Oktobermonats noch sehr warm. Die Vegetation die der Zug durchfuhr war verdorrt und von der Sonne verbrannt. Die „Mancha“, bekannt durch den Roman „Don Quichote und Sancho Pansa“ machte ihrem Namen alle Ehre. Weite bis zum Horizont.

Die Orte Aranjuez, Cordoba, die auf dem Wege lagen, ließen schon mal Geschichte wach rufen. Später sollte ich mich noch mehr mit ihr befassen, denn von der Schule her waren die Jahre von 900 bis 1750 wenig oder gar nicht gelehrt worden.

Von Valdepenas kommend überquerte der Zug den Guadalquivir und fuhr am linken Ufer hin bis Cordoba auftauchte. Nach dieser alten maurischen Stadt begleitete uns der Fluss dann bis Sevilla.

Sevilla in Sicht. Ein weithin sichtbarer Turm war das erste, das mir ins Auge fiel, die „Giralda“.

Am Bahnhof wurde ich von einem Fahrer des Consulado Alemann abgeholt. Ohne viel Federlesens hievte er mein Gepäck ins Auto, stellte sich gleich vor, redete mich mit „Du“ an und sagte, daß er im wirklichen Leben Obergefreiter beim Heer wäre.

Im Konsulat hatte ich mich erst einmal vorzustellen. Darauf wurde mir beschieden, daß ich mit dem Auto zu einem Haus im Barrio blanco gebracht würde, in dem die Marine ihre Abhörstation installiert hatte.

Der Fahrer, ich nenne ihn der Einfachheit halber Otto, brachte mich nun zur FT Stelle. Über die Queipe de Llano, eine Prachtstraße, am Parque Maria Luisa vorbei, ging es in südliche Richtung. Beim Stadion von Betis Sevilla begann das Barrio blanco. Jetzt waren wir auch gleich da. In einem Eckhaus, umgeben von einem schmiedeeisernen Gitter zeigte sich mir in ganzer südländischer Pracht meine neue Stelle in der ich die nächsten eineinhalb Jahre verbringen sollte.

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„Estacion del Norte“

Am frühen Vormittag, zu Johanni 1942 setzte ich meinen Fuß auf Madrider Boden. Die Luft ist warm, auf dem Bahnsteig ist ein reger Betrieb. Es ist ein Kommen und Gehen. Taxi fahren bis an den Zug. Es ist ein offener Bahnhof.

Meine beiden Koffer, in einem ist ein technisches Gerät, die ich von Berlin mitgeführt habe sowie die vier, teils leeren Koffer, die man mir aus San Sebastian mitgegeben hat, waren mit Hilfe des Schlafwagenschaffners auf den Perron geschafft.

„Am Bahnhof werden sie abgeholt,“ hatte man mir mitgeteilt.

Ich stehe und warte.
Eine viertel Stunde, zwanzig Minuten, nichts tut sich. Ein Taxifahrer nimmt sich meiner an. Wir laden die Koffer in den Wagen. Immer noch Ausschau haltend, versuche ich mit dem Fahrer klar zu kommen.
„Deutsche Botschaft“ sagte ich.
Wir fahren erst einmal los. Zu der Zeit hatte Madrid etwa 1,6 Millionen Einwohner. Der Verkehr auf den Straßen war noch überschaubar und flüssig. Ich ließ mich nun über die Straßen der Hauptstadt fahren. Imposante Bauten links und rechts, betriebsames Leben allenthalben.
„Der Fahrer des Taxis wird es schon richten,“ so dachte ich.
Plötzlich hielt er an, wobei er auf ein Gebäude zeigt und einige Worte sagt. Ich denke „Ich seh nicht richtig“, ein „Union Jack“ der an einer Fahnenstange im Winde leicht hin und her schwebt, sagt mir: „Das ist die falsche Adresse.“

Dem Fahrer mit „no no“ bedeutend und Deutschland sagend, dass dieses wohl nicht richtig sei, fuhr er weiter. Eine kurze Strecke, an einer breiten Prachtstraße, hielt er wieder an. Auf einem Schild mit der Aufschrift „Embajada Aleman“ zeigend, hatte ich bereits die deutsche Fahne ausgemacht. Hier war ich richtig!

Die Herren fielen aus allen Wolken als ich mit dem Taxi vorfuhr. Da war wohl was schief gelaufen! Nun gut! Ich war ja jetzt an der richtigen Adresse. Ein Herr nahm sich meiner an. Die Botschaftskoffer wurden ausgeladen und in die Vorhalle gebracht. Der Fahrer wurde bezahlt und konnte davon fahren.

„So, das hätten wir erst einmal und nehmen sie bitte ihren Koffer, wir gehen jetzt zum Konsulat.“

Wir gingen circa etwas mehr als einen halben Kilometer die Straße entlang, die „Calle de la Castellana“ benannt. „Hier sind wir angekommen,“ sagte er. Ein unscheinbares Haus im Gegensatz zur groß angelegten Residenz der Botschaft. Ein Messingschild mit der Inschrift: „Consulado Aleman“ war das einzige, was auf seine Funktion hinwies. Mein Begleiter stieg mit mir zum ersten Stock empor. Nach einigen Formalitäten traten wir in einen Raum, wo er mich dem Leiter der Abteilung vorstellte, einem Offizier des Heeres in Zivil.

Diesem hatte ich meine Papiere vorzulegen. Da war zum einen mein Pass sowie der Kurierausweis. Er zog den Kurierausweis ein und übergab mir dafür eine „Tarjeta de Residencia“, eine Aufenthaltserlaubnis. Ein Herr der ebenfalls anwesend war, wurde ab da mein Begleiter. Es war Funkmeister Goebel. Mein immer noch zackiges Auftreten bei Ranghöheren nahm er sogleich zum Anlass mir ins Gewissen zu reden, mich einer zivilen Umgangsform zu befleißigen.

So gingen wir beide, nachdem mich der Leiter des KO/Spanien (nach Rittlinger) entlassen hatte, zum Imbiss. Mein Salär für den Monat hatte ich auch bekommen, so dass ich lässig für den Funkmeister und für mich ein Menü bezahlen konnte. Meine erste direkte Begegnung mit der Valuta. Es waren etwa vier Peseten gleich eine Reichsmark. Eine runde Rechnung also.

Nachdem wir gegessen hatten gingen wir gemeinsam zum Ende der breiten Prachtstraße, der Castellana. Hier endete die aus der Innenstadt kommende Straßenbahn. Eine andere, die wir dann benutzten fuhr von hier in den Stadtteil „Chamartin“, wo das Haus der Marine FT lag und zwar in der Calle Alfonso XIII. (Alfonso trece).

Es war ein verhältnismäßig großes Haus. Beherbergte es doch neben dem Funkraum noch zehn Funker, vom Gefreiten bis zum Oberfunkmeister Müller, der zugleich der Stellenvorsteher war. Die Namen der anderen III- er Leute sind mir entfallen, war ich doch nur von Juni bis Oktober bei dieser Gruppe.

Nachdem ich mit den Gepflogenheiten, dem Dienstplan und der Unterbringung vertraut gemacht war, hatte ich binnen kurzer Zeit alle Daten in mich aufgenommen. Der Leiter bedeutete mir ich solle möglichst schnell die Grundbegriffe der spanischen Sprache erlernen, „damit ich auf die Menschheit losgelassen werden konnte“, wie er sagte. Eine Verwandte von ihm wohne nicht weit entfernt im gleichen Stadtteil und wäre gern bereit, bei entsprechender Bezahlung, mir Unterricht zu erteilen.

Nachdem ich mich bereit erklärt hatte sagte er: „Dann wollen wir gleich heute damit anfangen.“

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Berlin

Seit meiner Kinderzeit, als mein Bruder Georg, zur Fortbildung im Schneiderhandwerk in Berlin weilte und danach Bücher und Modezeitschriften von dort mit nach Hause gebracht hatte, war ich ein Bewunderer dieser Stadt. Jetzt war ich da. Jetzt musste die Wirklichkeit halten was ich mir in meiner Fantasie ausgemalt hatte.

Mit meinen Klamotten stand ich im Bahnhof und musste mich erst einmal durchfragen. Ein Bahnangestellter auf meine Frage: „Wie komme ich zum Tirpitzufer?“
„Da nehmen sie zuerst den Bus, steigen in die U- Bahn bis zum NollendorfpIatz, die letzte Strecke legen sie am besten zu Fuß zurück.“
„Vielen Dank“, und los.

An der Bushaltestelle war ich dann sehr geschockt. Zum ersten Male sah ich einen Menschen, der an seinem Anzug einen gelben Stern trug, mit dem Wort „Jude“. Ich konnte meine Gefühle nicht einordnen. Der Bus der nun kam enthob mich weiteren Nachdenkens. Ich musste jetzt zusehen wie ich meinen Seesack und meinen Koffer richtig platzierte.

Mit den von mir bis dahin noch nie benutzten Verkehrsmitteln U- Bahn und S- Bahn gelangte ich zur U- Bahn Station Kurfürstenstraße, die mir ein wenig näher zu meinem Ziel erschien. Die Strecke zum Tirpitzufer 80 war für einen durchtrainierten Funkgefreiten wie mich jetzt kein Problem mehr.

Die Ufer am Landwehrkanal machten in ihrem Frühjahrsschmuck den Eindruck einer Idylle, entnommen einem Badekatalog. Die hohen herrschaftlichen Hausfronten erdrückten mich fast wenn ich dieses nicht alles schon in den Katalogen und Büchern meines Bruders Georg gesehen und in mich aufgenommen hätte.

Tirpitzufer 80

Ein Kommen und Gehen von hochrangigen Offizieren jeglicher Couleur. Am Eingang meldete ich mich beim Wachoffizier. Nachdem er ein Telefonat geführt hatte dauerte es nur einen kurzen Augenblick als auch schon ein Funkmaat sich meiner annahm und mit mir von der Abteilung Heer zur Abteilung Marine ging.

Dies war jetzt der Bereich SKL Chef MND III (Seekriegsleitung Marinenachrichtendienst Funkaufklärung), Kapitän Kupfer. Ich bekam einen Laufzettel, der seinem Namen alle Ehre machte. Ein Herr in Zivil, er mochte Mitte Vierzig sein, ging mit mir innerhalb der Dienststelle, die für meine Angelegenheit zuständig war, die einzelnen Anlaufstellen ab und erledigte mit mir die Anmeldungen.
Im Bereich der Entschlüsselungsabteilung musste ich vor dem Entree auf ihn warten. Da gab es für mich kein weiter mehr. Es war dort Betrieb wie im alten Rom.

Die ganze Atmosphäre in diesem Haus wird von Herbert Rittlinger in seinem Buch „Geheimdienst m.b.H.“ auf Seite 47 treffend beschrieben.

Tirpitzufer 80

„Dort gingen Generäle und Admiräle ein und aus. Ein schlichter Gefreiter fiel da nicht weiter auf. Übersah er einmal, ihn ohne Ehrenbezeugung passieren lassend einen Admiral oder General, hatte er keine Weiterungen zu befürchten. Hatte der Gemeine die Hand gar zum Hitlergruß erhoben (was, sofern der Ehrenbezeugende barhäuptig, bereits dienstliche Vorschrift war), hätte er nur allgemeine Verwunderung hervorgerufen.)

In einigen Berichten und Prosaerzählungen welche sich mit dieser Zeit befassen, ist mir mehr als einmal das Tirpitzufer 80 begegnet. Immer im Zusammenhang mit Agenten, Gegenspionage, Abwehr, Aufklärung und so weiter.

Mit meinem Laufzettel fuhr ich nach NeukölIn. In der Boddinstraße war die Kleiderkammer untergebracht. Hier ließ ich meinen Seesack stehen. Zum Essen und Schlafen ging es raus nach Langwitz. Meine neuen Papiere bekam ich in der Bissingzeile, Schöneberg. Bei dieser Aktion wurde ich wieder von dem (Welt-) Mann in Zivil begleitet.

Bis dahin war ich noch in meiner Marineuniform unterwegs. Nun stellte er mir die Frage:
„Wollen sie sich einen Zivilanzug von zu Hause holen oder einen aus der Kleiderkammer?“ Ich natürlich: „Ich hole meinen eigenen.“

Mal eben einen Urlaubsschein für drei Tage ausstellen lassen und dann ab Bahnhof Zoo Richtung Heimat.

Meine Eltern und Schwestern fielen aus allen Wolken, als ich in der Haustüre stand. Als ich dann noch sagte: „Ich will mir meinen Anzug holen, ganz geheim“, da wussten sie nicht mehr was sie sagen sollten.

Wieder in Berlin hatte ich noch zwei Tage Zeit, um alles zusammen zu stellen, was ich mitnehmen musste. Endlich war es soweit. Schnell noch ein Passbild gemacht. Photomaton, das Bild war auch danach.

In letzter Minute musste mein „Einweiser“ noch zum Auswärtigen Amt, um den Kurierausweis abzuholen. Dann brachte er mich mit meinem Gepäck, drei Koffer, ein Sender, zum Anhalter Bahnhof.

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