„Estacion del Norte“
Am frühen Vormittag, zu Johanni 1942 setzte ich meinen Fuß auf Madrider Boden. Die Luft ist warm, auf dem Bahnsteig ist ein reger Betrieb. Es ist ein Kommen und Gehen. Taxi fahren bis an den Zug. Es ist ein offener Bahnhof.
Meine beiden Koffer, in einem ist ein technisches Gerät, die ich von Berlin mitgeführt habe sowie die vier, teils leeren Koffer, die man mir aus San Sebastian mitgegeben hat, waren mit Hilfe des Schlafwagenschaffners auf den Perron geschafft.
„Am Bahnhof werden sie abgeholt,“ hatte man mir mitgeteilt.
Ich stehe und warte.
Eine viertel Stunde, zwanzig Minuten, nichts tut sich. Ein Taxifahrer nimmt sich meiner an. Wir laden die Koffer in den Wagen. Immer noch Ausschau haltend, versuche ich mit dem Fahrer klar zu kommen.
„Deutsche Botschaft“ sagte ich.
Wir fahren erst einmal los. Zu der Zeit hatte Madrid etwa 1,6 Millionen Einwohner. Der Verkehr auf den Straßen war noch überschaubar und flüssig. Ich ließ mich nun über die Straßen der Hauptstadt fahren. Imposante Bauten links und rechts, betriebsames Leben allenthalben.
„Der Fahrer des Taxis wird es schon richten,“ so dachte ich.
Plötzlich hielt er an, wobei er auf ein Gebäude zeigt und einige Worte sagt. Ich denke „Ich seh nicht richtig“, ein „Union Jack“ der an einer Fahnenstange im Winde leicht hin und her schwebt, sagt mir: „Das ist die falsche Adresse.“
Dem Fahrer mit „no no“ bedeutend und Deutschland sagend, dass dieses wohl nicht richtig sei, fuhr er weiter. Eine kurze Strecke, an einer breiten Prachtstraße, hielt er wieder an. Auf einem Schild mit der Aufschrift „Embajada Aleman“ zeigend, hatte ich bereits die deutsche Fahne ausgemacht. Hier war ich richtig!
Die Herren fielen aus allen Wolken als ich mit dem Taxi vorfuhr. Da war wohl was schief gelaufen! Nun gut! Ich war ja jetzt an der richtigen Adresse. Ein Herr nahm sich meiner an. Die Botschaftskoffer wurden ausgeladen und in die Vorhalle gebracht. Der Fahrer wurde bezahlt und konnte davon fahren.
„So, das hätten wir erst einmal und nehmen sie bitte ihren Koffer, wir gehen jetzt zum Konsulat.“
Wir gingen circa etwas mehr als einen halben Kilometer die Straße entlang, die „Calle de la Castellana“ benannt. „Hier sind wir angekommen,“ sagte er. Ein unscheinbares Haus im Gegensatz zur groß angelegten Residenz der Botschaft. Ein Messingschild mit der Inschrift: „Consulado Aleman“ war das einzige, was auf seine Funktion hinwies. Mein Begleiter stieg mit mir zum ersten Stock empor. Nach einigen Formalitäten traten wir in einen Raum, wo er mich dem Leiter der Abteilung vorstellte, einem Offizier des Heeres in Zivil.
Diesem hatte ich meine Papiere vorzulegen. Da war zum einen mein Pass sowie der Kurierausweis. Er zog den Kurierausweis ein und übergab mir dafür eine „Tarjeta de Residencia“, eine Aufenthaltserlaubnis. Ein Herr der ebenfalls anwesend war, wurde ab da mein Begleiter. Es war Funkmeister Goebel. Mein immer noch zackiges Auftreten bei Ranghöheren nahm er sogleich zum Anlass mir ins Gewissen zu reden, mich einer zivilen Umgangsform zu befleißigen.
So gingen wir beide, nachdem mich der Leiter des KO/Spanien (nach Rittlinger) entlassen hatte, zum Imbiss. Mein Salär für den Monat hatte ich auch bekommen, so dass ich lässig für den Funkmeister und für mich ein Menü bezahlen konnte. Meine erste direkte Begegnung mit der Valuta. Es waren etwa vier Peseten gleich eine Reichsmark. Eine runde Rechnung also.
Nachdem wir gegessen hatten gingen wir gemeinsam zum Ende der breiten Prachtstraße, der Castellana. Hier endete die aus der Innenstadt kommende Straßenbahn. Eine andere, die wir dann benutzten fuhr von hier in den Stadtteil „Chamartin“, wo das Haus der Marine FT lag und zwar in der Calle Alfonso XIII. (Alfonso trece).
Es war ein verhältnismäßig großes Haus. Beherbergte es doch neben dem Funkraum noch zehn Funker, vom Gefreiten bis zum Oberfunkmeister Müller, der zugleich der Stellenvorsteher war. Die Namen der anderen III- er Leute sind mir entfallen, war ich doch nur von Juni bis Oktober bei dieser Gruppe.
Nachdem ich mit den Gepflogenheiten, dem Dienstplan und der Unterbringung vertraut gemacht war, hatte ich binnen kurzer Zeit alle Daten in mich aufgenommen. Der Leiter bedeutete mir ich solle möglichst schnell die Grundbegriffe der spanischen Sprache erlernen, „damit ich auf die Menschheit losgelassen werden konnte“, wie er sagte. Eine Verwandte von ihm wohne nicht weit entfernt im gleichen Stadtteil und wäre gern bereit, bei entsprechender Bezahlung, mir Unterricht zu erteilen.
Nachdem ich mich bereit erklärt hatte sagte er: „Dann wollen wir gleich heute damit anfangen.“
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